Theaterausflug: zur selten gespielten Operette "Lady Hamilton" von Eduard Künneke (1926) gings ins Anhaltische Theater nach Dessau. Es war ein aufschlußreicher Nachmittag: mein Resümee: woanders wird auch nur mit Wasser gekocht und das nicht immer so heiß wie in Annaberg (Eigenlob!).
Ein interessantes Stück, von dem man einige Highlights vielleicht kennt: "Komm mit nach Madrid", "In der Taverne zum Pelikan", "Du hast Augen, von denen man träumt". Musikalisch ist es eine sehr farbenreiche und interessante Partitur, besonders der Anfang vom 3. Akt - eine Nachtszene zwischen Lady Hamilton und Admiral Nelson - ist wunderschön und war auch toll anzusehen: ein Sternenhimmel, der sich leicht bewegte, diffus gestreut durch den durchsichtigen Schleiervorhang, man hat das Schaukeln der Wellen förmlich gespürt.
Die Geschichte um die schillernde
Lady Hamilton hat sicher ihr Vorbild in Leo Falls "Madame Pompadour" (1922), keine platte Huldigung der Person, eher eine (moralisch) durchaus provokante Geschichte und passend in die 20ger Jahre.
Wenn man das Programmheft liest, hat man´s nur schwer verstanden - aber auf der Bühne wird es sofort klar, wer mit wem und warum. Enttäuschend: die Sänger wurden beim Singen fast durchgängig verstärkt. Bei den Melodramen macht es sicher Sinn, aber bei den gesanglich anspruchsvollen - opernhaften - Nummern reibt man sich doch etwas die Augen - zumal das Orchester sehr diskret - für meinen Geschmack zu zaghaft - agierte. Mir fehlte der freche Schmiß, besonders in Zwischenspielen, der den Zuhörer mitreißen soll. Und so fühlen sich die ersten beiden Akte ziemlich lauwarm an - obwohl sie Szene wunderschön aussieht, der Chor sehr gut agiert und singt und auch die Solisten ihr bestes geben. Nach der Pause wird man dann aber durch den wunderschönen Beginn überwältigt und mitgetragen.
Schön, daß sich gerade Dessau des Stücks angenommen hat: die
Wörlitzer Villa Hamilton, ein Nachbau der Originalvilla aus Neapel nebst des Vulkans ist auf der Bühne zu finden und sorgt für einen Aha-Effekt; auch Goethe selbst ist mit seiner Italien-Bewunderung zu erleben. Klasse.
Wird es das Stück auch auf andere Bühnen schaffen? Interessant ist es allemal und eine schöne Bereicherung des üblichen Repertoires, es rückt eine geschichtlich hochinteressante Frau in den Mittelpunkt, es gibt tolle Musik, vielleicht muß es noch mehr zünden. Und es ist nicht einfach zu besetzen, man sollte doch große Stimmen damit besetzen, die Ambitionen Künnekes gingen eindeutig in diese Richtung.